Die Vogelwelt
Beiträge von unserem Ornithologen Klaus Schmitz, der das Kirchheimer Moos seit mehr als 30 Jahren regelmäßig begeht und beobachtet. Seine neutralen Informationen liefern wertvolle Hinweise und Auslöser für die Ortsgruppe bezügl. einzuleitender Massnahmen bei unseren Gemeinden und der Unteren Naturschutzbehörde:
Die Vogelwelt einer ausgeräumten Kulturlandschaft ist generell nicht sehr artenreich. Ohne größere Wälder und Gehölze oder strukturreiche Heckenzüge kann man keine große Artenvielfalt erwarten. Die intensive Landwirtschaft verhindert auch eine ausgeprägte Wiesenbrütergemeinschaft. Dagegen bereichern die Gewässer das Vogelvorkommen stark. Der Speichersee wirkt wie ein Magnet und strahlt positiv auf die gesamte Umgebung aus.
Nicht sehr vogelfreundlich sind natürlich junge Reihenhaussiedlungen. Die Gärten sind zu klein und werden entsprechend „durchgepflegt“. Für einen reichen Baumbestand fehlt sowohl das Alter als auch die Parzellengröße. Parkähnliche Wohngebiete gibt es wohl nur noch in Resten auf den ursprünglichen Dorfflächen, in den Altbaugebieten. Durch Verdichtung einer lockeren Bausubstanz wird die Vogelwelt zwangsläufig veröden.
Das Beobachtungsgebiet
Durch den Straßenzug der A99 und B471 im Westen, den Abfanggraben im Süden und Osten sowie das Ismaninger Teichgebiet („Speichersee“) im Norden ist ein geschlossenes Areal definiert, das seit nahezu 20 Jahren ornithologisch erfaßt wird. Als Amateur beobachte ich das Gebiet und kenne entsprechend sein Vogelvorkommen und dessen Dynamik. Die Agrarflächen bilden die ursprüngliche Beobachtungsfläche, doch wird der Abfanggraben voll einbezogen. Grund für diese Erweiterung des Erfassungsraums über die eigentliche Agrarlandschaft hinaus war die Absicht einer Gesamterfassung des Kirchheimer Vogelvorkommens für den verworfenen Landschaftsplan.
Speichersee und Abfanggraben sind entscheidende „Randbiotope“. Nur so läßt sich erklären, daß in einer Landschaft mit intensiver Agrarnutzung bislang 167 Vogelarten festgestellt werden konnten. Damit kein Irrtum entsteht: das sind nicht 167 Brutvögel, sondern alle Arten, von denen jemals mindestens 1 Individuum registriert worden ist.
Wann ist wo was zu sehen?
Mancher könnte jetzt fragen: „Wann“ oder auch „Wo sieht man denn so viele Vögel?“ Von der Schulzeit her glauben wir noch zu wissen, daß die Vögel überwiegend im Herbst in den Süden ziehen. Und seit mit dem Ende der Brutperiode auch die Reviergesänge verstummt sind, ist es im Moos – und generell in der Vogelwelt – schon recht still geworden. Doch nicht der Sommer ist die Zeit mit dem höchsten Artvorkommen im definierten Beobachtungsgebiet. Es sind die Zugzeiten, dann wenn die Brutvögel ihre Reviere besetzt haben und von noch oder bereits ziehenden Arten “Zuwachs“ bekommen. Dann sind die Zeiten für interessante und zuweilen spektakuläre Beobachtungen, wenn beispielsweise ausgesprochene „Raritäten“ eine Zwischenrast einlegen.
Die Grafik Abb. 1 zeigt, daß die im Mittel an einem Tag in den einzelnen Wochen beobachtete Artenzahl zwei Maxima hat, nämlich ein „absolutes“ im Frühjahr (ca. 19. KW) und ein „relatives“ im Herbst (ca. 39. KW). Das sind die Zeiten, in denen der Durchzug seinen Höhepunkt hat. Beide Maxima liegen weit hinter uns, und entsprechend verkürzt sich jetzt bei jedem Rundgang die „Tagesliste“. Selbst die letzten Zugvögel sind abgezogen. Längst vorbei sind die Tage, an denen man Ringeltauben zu Hunderten in großer Höhe gen Westen ziehen sieht, ebenso wie die Zeit der riesigen Starenschwärme. Auch vereinzelte Feldlerchen und Wiesenpieper sind mit den frostigen Temperaturen aus dem Gelände verschwunden.
Was braucht der Ornithologe?
Vielleicht interessiert sich der eine oder der andere für das Vogelleben in seiner Umgebung. Doch was braucht man eigentlich, wenn man Vögel beobachten will?
Ich meine: ein wachsames Auge, ein gutes Gehör, eine gute Portion Skepsis, viel Geduld und Ausdauer, ein gutes Fernglas, ein gut gezeichnetes Bestimmungsbuch.
Hilfreich und unbedingt empfehlenswert sind Führungen, wie sie von den Volkshochschulen in der Umgebung vielfach angeboten werden, und Kontakt zu einschlägigen Vereinen oder Verbänden. Zu nennen sind hier: Ornithologische Gesellschaft in Bayern e.V. sowie Landesbund für Vogelschutz mit seiner starken Münchner Ortsgruppe.
Die Landschaft
Eine Tierwelt ist grundsätzlich durch die Landschaft bestimmt, in der sie betrachtet werden soll. Die Landschaft bildet somit die Grundlage für eine lokale Vogelwelt. Im akuten Fall handelt es sich aus ornithologischer Sicht um die typische ausgeräumte Kulturlandschaft. Sie ist gekennzeichnet durch weite ebene und wenig strukturierte landwirtschaftlich genutzte Flächen mit mehr oder weniger ehemals kleinen, dörflichen Ansiedlungen, die nach erheblichem Zuwachs in den letzten Jahrzehnten zu 3 Gemeinden zusammengefaßt sind. Zahlreiche zusätzliche Gewerbegebiete führen zu einer weiteren Zersiedelung. Das dazugehörige Straßennetz zerschneidet die Gesamtfläche in Teilstücke. Der gesamte Entwicklungsprozeß wird durch die Nähe zur Landeshauptstadt mit ihrer Sogwirkung nach Arbeitskräften aus dem Umland in hohem Maße forciert.
Der „Speichersee“
Der „Speichersee“ Abb. 2 als überregional bedeutendes Vogelschutzgebiet ist wohl überall bekannt. Zwei der drei Gemeinden besitzen auch einen Flächenanteil an diesem Gebiet. Die offizielle Bezeichnung lautet „Ismaninger Teichgebiet“. Dieses Feuchtgebiet besitzt für die Vogelwelt internationale Bedeutung und genießt als eines der wenigen bayerischen Gewässer „Ramsar“- Schutzstatus. Es ist als Europareservat klassifiziert gemäß der EU-Vogelschutzrichtlinie. Das Gebiet wird seit 1929 von der Ornithologischen Gesellschaft wissenschaftlich betreut und intensiv dokumentiert. In der ornithologischen Fachliteratur taucht der Name entsprechend seiner überragenden Bedeutung in vielen nationalen und internationalen Zitaten auf. Man kann ihn nicht einfach beliebig verändern.
Für die Öffentlichkeit ist das Gebiet nicht zugänglich, doch man kann ohne weiteres auf eigene Faust vom Südufer des Ostbeckens oder auch vom Nordufer des Westbeckens die zeitweise beeindruckende Zahl von Wasservögeln, die sich hier zur Mauser versammeln, beobachten und bestimmen. Das kann zu großartigen Erlebnissen führen.
Das Aschheimer-/Kirchheimer Moos
Unmittelbar südlich grenzt eine Agrarlandschaft an das Ismaninger Teichgebiet. Dieses Gebiet wird intensiv landwirtschaftlich genutzt. Es wird relativ kleinflächig bestellt und ist durch Heckenzüge in (vereinfacht !) Nord-Süd-Richtung strukturiert. Es gibt nur Reste von Wiesen in den Randzonen und abgesehen von den Hecken bzw. Windbrechern kaum Gehölze. Zwei Stillgewässer (Kiesweiher) sowie ein kleines Naturschutzgebiet im NW auf Aschheimer Flur ergänzen das Biotopangebot.
Dieses sog. „Moos“ (der Name hat keinen offiziellen Hintergrund) liegt in der Übergangszone der Münchner Schotterebene zu dem ursprünglich nördlich angrenzenden Niedermoorbereich. Für die Schaffung des Speichersees Ende der zwanziger Jahre mußte der Grundwasserstrom, der ursprünglich etwa an dessen Südende Geländeniveau erreichte, unterbrochen werden, um das Bauwerk nicht zu unterspülen. Dies ist der Anlaß für den Bau des Abfanggrabens, der den Grundwasserstrom unterbricht und den Ackerbau im nördlich angrenzenden Moos ermöglicht hat. Der Abfanggraben ist also ein künstliches Gewässer mit hoher Wasserqualität, das im Winter nie zufriert.
Der Lohwald
Der Lohwald unmittelbar südlich des Abfanggrabens ist geologisch ein Relikt aus der Ursprungsform der Landschaft. Solche Wälder standen in den Übergangszonen von Schotterebene und Niedermoor. Es existieren nur noch wenige Überbleibsel. Neben dem Wäldchen nördlich von Kirchheim gibt es einige Fortsetzungen auf Aschheimer Flur. Ein weiter entferntes – bekanntes – Beispiel ist die Aubinger Lohe.
Der hier genannte Lohwald ist eher ein trauriges Beispiel. Durch Bewirtschaftung ist aus dem ehemals Erlen-Eschen-Auwald mit Eiche, Esche und Hainbuche als seinen Hauptbaumarten ein Puzzle aus unterschiedlichen Vegetationsflächen geworden. Durch die Autobahn zerschnitten, durch deren Parkplätze zusätzlich reduziert, steht ihm jetzt durch die Verlegung der B471 an die Seite der A99 eine weitere Zerschneidung bevor. Eine solche Fragmentierung eines Biotops stellt eine entscheidende Entwertung dar, die schon eine wichtige Begründung verlangt.
Vogel des Monats
In den Kirchheimer Mitteilungen (KiMi) wird ab November 2014 einmal monatlich über einen "Vogel des Monats" aus dem Kirchheimer Moos berichtet.
KiMi 07/2017 Nr. 26 März Singdrossel
KiMi 05/2017 Nr. 25 Febr. Schwarzspecht
KiMi 03/2017 Nr. 24 Jan. Wasseramsel
KiMi 51/2016 Nr. 23 Dez. Rotkehlchen
KiMi 48/2016 Nr. 22 Nov. Buchfink
KiMi 42/2016 Nr. 21 Okt. Grünspecht
KiMi 38/2016 Nr. 20 Sept. Kuckuck
KiMi 34/2016 Nr. 19 Juli Mauersegler
KiMi 30/2016 Nr. 18 Juni Sumpfrohrsänger
KiMi 22/2016 Nr. 17 Mai Dorngrasmücke
KiMi 17/2016 Nr. 16 April Wiesenpieper
KiMi 12/2016 Nr. 15 März Wasserralle
KiMi 07/2016 Nr. 14 Februar Erlenzeisig
KiMi 01/2016 Nr. 13 Januar Schwanzmeise
KiMi 04/2015 Nr. 12 Januar Eisvogel
KiMi 10/2015 Nr. 11 Februar Raubwürger
KiMi 13/2015 Nr. 10 März Feldlerche
KiMi 17/2015 Nr. 09 April Kiebitz
KiMi 26/2015 Nr. 08 Juni Rauchschwalbe
KiMi 30/2015 Nr. 07 Juli Wachtel
KiMi 34/2015 Nr. 06 August Schafstelze
KiMi 38/2015 Nr. 05 September Silberreiher
KiMi 44/2015 Nr. 04 Oktober Stieglitz
KiMi 48/2015 Nr. 03 November Goldammer
Vogelfütterung

Sinn und Zweck
Vögel füttern ist inzwischen fast ein Volkssport. Mancher beginnt schon im Herbst damit und verstößt eigentlich gegen die klassische Lehrmeinung der Vogelkenner und Naturschutzfachwelt, die dafür plädieren, die Fütterung erst dann zu starten, wenn Eis und Schnee den Vögeln die Nahrungssuche in der freien Natur erschweren oder gar unmöglich machen.
Nun ist unter den Vogelfreunden erhebliche Unruhe entstanden, weil ein namhafter deutscher Ornithologe, gestützt auf britische Expertenmeinungen für die ganzjährige Fütterung plädiert. Das Für und Wider soll hier nicht diskutiert werden. Doch was spricht dafür?
Es ist zu beobachten, daß die Vögel, die man füttern will, dann gar nicht kommen, wenn man erst bei Schneefall mit der Fütterung beginnt. Aus der Vogelsicht ist das nicht weiter schlimm, weil die Vögel damit signalisieren, daß sie gar keine Futternot haben. Doch jeder, der sich nun sorfältig an die „klassische Lehrmeinung“ gehalten hat, muß das Gefühl haben, daß ihm seine gefiederten Freunde „einen Korb geben“.
Aus eigener Erfahrung erscheint es sinnvoll, eine gewisse Vorlaufzeit einzuplanen, um die Vögel an den neuen Futterplatz zu gewöhnen. Denn wenn erst einmal richtig Frost herrscht und Schnee liegt, zählt bei den Vögeln die Erfahrung der letzten Wochen. Sie suchen dann nur die Plätze auf, wo sie wissen, daß sie gut bedient werden. Zum „Trödeln“ ist dann keine Zeit mehr.
Besucherspektrum
Was kommt nun an die Futterplätze? Diese Frage läßt sich nicht pauschal beantworten. Das hängt immer von dem lokalen Umfeld und seiner Umgebung ab. In einer Reihenhaussiedlung wird man eine viel geringere Artenvielfalt zu erwarten haben als in einer Parklandschaft. Heimstetten ist nicht Nymphenburg, um mal ein Beispiel zu nennen. Auch die Jahreszeit und die Strenge eines Winters spielen eine wichtige Rolle.
Bei uns in Heimstetten sind es vor allem Finken und Meisenvögel, aber auch Drosseln und Tauben, die man zu Gesicht bekommt. Im einzelnen:
Meisen | Finkenvögel | Drosselvögel | Tauben | Sonstige | |
Kohlmeise * | Buchfink * | Amsel * | Türkentaube * | Zaunkönig * | Sperber |
Blaumeise * | Bergfink * | Wacholderdrossel |
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| Elster * |
Tannenmeise * | Grünling * | Rotdrossel |
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| Rabenkrähe |
| Erlenzeisig * | Rotkehlchen * |
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| Saatkrähe * |
| Stieglitz * |
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| Feldsperling * |
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| (Kernbeißer) * |
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Der * bedeutet, daß sie auch am Futterplatz Nahrung gesucht haben
Die Zusammensetzung dieses Spektrums ändert sich durchaus von Jahr zu Jahr. In diesem Winter haben wir in unserem Garten hauptsächlich Grünlinge und Zeisige. Stark reduziert gegenüber den Vorjahren sind die Meisen, Stieglitze, Feldsperlinge, Buchfinken. Nur selten sieht man einen Bergfink oder auch (immer nur) eine Tannenmeise.
Seltenere Gäste
Es ist durchaus zu erwarten, daß auch einmal der Große Buntspecht an das Futterhaus kommt. Im Winter schweifen diese Vögel bei der Futtersuche weit umher. Grünanlagen oder Gärten mit etwas Baumbestand werden genau „unter die Lupe genommen“. Auch Nistkästen schaut sich der Buntspecht dann unter dem Aspekt ihrer Wohnqualität etwas näher an. Bei mir im Garten hat er den Eingang des Meisenkastens so erweitert, daß dieser anschließend für ihn selbst geeignet war. Es ist möglich, daß ihm diese Höhle temporär als Nebenwohnsitz gedient hat.
Einen weiteren Specht kann man seit dem Herbst immer wieder in Kirchheim hören. Es ist der Grünspecht, der mit seinem laut „wiehernden“ Lachen nach wie vor seine Anwesenheit im Ortsteil Heimstetten verkündet. Seine Rufreihe ist dabei kräftig und fällt nicht zum Ende hin - gewissermaßen wie „traurig verzagend“ - ab wie bei dem ihm ziemlich ähnlichen Grauspecht. Der Grünspecht ist ein ausgesprochener Spezialist für Ameisennester. Das ist auch der Grund dafür, daß man ihn meist am Boden sieht und nicht in Bäumen wie seine Brüder aus der „Holzhackergilde“.
Clevere Artgenossen
Lange habe ich gebraucht, bis ich dahinter gekommen bin, wer so geschickt und erfinderisch ist, daß im Baum aufgehängte Meisenknödel quasi über Nacht verzehrt wurden. Meisen oder andere Kleinvögel konnten es nicht sein, denn die Knödelmasse und die Kandidatenzahl paßten einfach nicht zusammen. Als Nachtmensch verpaßte ich aber auch immer die frühen Morgenstunden, wo das Unheil offensichtlich geschah. Im Endeffekt hatte ich Glück und beobachtete eine Saatkrähe, die den langen Bindfaden mit dem Knödel hochzog und so im Gezweig verhakte, daß der Futterspender nicht mehr frei hängen konnte. Danach hatte sie ein leichtes Spiel mit der Kugel.
Krähen sind überaus gescheite und lernfähige Vögel. Da sie auch menschliche Gewohnheiten durchschauen, verstehen sie es, geschickt irgendwelchen Nachstellungen auszuweichen. Saatkrähen ziehen im Winter übrigens zu. Sie kommen aus dem fennoskandischen Raum. Interessant ist, daß diese Krähenart selten bis gar nicht im Moos auftaucht. Es ist für mich stets ein Phänomen gewesen, daß ich in den langen Jahren meiner Beobachtungstätigkeit die Saatkrähen außer zur Zugzeit fast nie im Moos beobachtet habe, obwohl sie auf der Fahrt dorthin immer zu sehen gewesen waren. Lediglich in den letzten beiden Wintern gab es über einen begrenzten Zeitraum Schwärme von tausenden von Vögeln auf den Feldern. In diesem Jahr dagegen wurde nicht nur von mir ein starker Einflug im Herbst bei uns nicht registriert. Insofern überrascht auch das Fehlen der Art im Moos nicht.