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Gemeindeblatt-Artikel

Landesgartenschau Kirchheim 2024

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Die Vogelwelt

Beiträge von unserem Ornithologen Klaus Schmitz, der das Kirchheimer Moos seit mehr als 30 Jahren regelmäßig begeht und beobachtet. Seine neutralen Informationen liefern wertvolle Hinweise und Auslöser für die Ortsgruppe bezügl. einzuleitender Massnahmen bei unseren Gemeinden und der Unteren Naturschutzbehörde:

Die Vogelwelt einer ausgeräumten Kulturlandschaft ist generell nicht sehr artenreich. Ohne größe­re Wälder und Gehölze oder strukturreiche Heckenzüge kann man keine große Artenvielfalt er­warten. Die intensive Landwirtschaft verhindert auch eine ausgeprägte Wiesenbrütergemein­schaft. Dagegen bereichern die Gewässer das Vogelvorkommen stark. Der Speichersee wirkt wie ein Magnet und strahlt positiv auf die gesamte Umgebung aus.

 Nicht sehr vogelfreundlich sind natürlich junge Reihenhaussiedlungen. Die Gärten sind zu klein und werden entsprechend „durchgepflegt“. Für einen reichen Baumbestand fehlt sowohl das Alter als auch die Parzellengröße. Parkähnliche Wohngebiete gibt es wohl nur noch in Resten auf den ursprünglichen Dorfflächen, in den Altbaugebieten. Durch Verdichtung einer loc­keren Bausub­stanz wird die Vogelwelt zwangsläufig veröden.

Das Beobachtungsgebiet

Durch den Straßenzug der A99 und B471 im Westen, den Abfanggraben im Süden und Osten so­wie das Ismaninger Teichgebiet („Speichersee“) im Norden ist ein geschlossenes Areal definiert, das seit nahezu 20 Jahren ornithologisch erfaßt wird. Als Amateur beob­achte ich das Ge­biet und ken­ne entsprechend sein Vogelvorkommen und dessen Dynamik. Die Agrarflächen bilden die ur­sprüngliche Beobachtungsfläche, doch wird der Abfanggraben voll einbezogen. Grund für diese Erweiterung des Erfassungsraums über die eigentliche Agrarlandschaft hinaus war die Ab­sicht einer Gesamterfassung des Kirchheimer Vogelvorkommens für den verworfenen Land­schaftsplan.

Speichersee und Abfanggraben sind entscheidende „Randbioto­pe“. Nur so läßt sich erklären, daß in einer Landschaft mit intensiver Agrarnutzung bis­lang 167 Vogel­arten festgestellt werden konn­ten. Damit kein Irrtum entsteht: das sind nicht 167 Brut­vögel, sondern alle Arten, von denen jemals mindestens 1 Individuum registriert worden ist.

Wann ist wo was zu sehen?

Mancher könnte jetzt fragen: „Wann“ oder auch „Wo sieht man denn so viele Vögel?“ Von der Schulzeit her glauben wir noch zu wissen, daß die Vögel überwiegend im Herbst in den Süden zie­hen. Und seit mit dem Ende der Brutperiode auch die Reviergesänge ver­stummt sind, ist es im Moos – und generell in der Vogelwelt – schon recht still geworden. Doch nicht der Sommer ist die Zeit mit dem höchsten Artvorkommen im definierten Beobachtungsgebiet. Es sind die Zugzeiten, dann wenn die Brutvögel ihre Reviere besetzt haben und von noch oder bereits zie­henden Arten “Zuwachs“ bekommen. Dann sind die Zeiten für interessante und zuweilen spektakuläre Beobach­tungen, wenn beispiels­weise ausgesprochene „Raritäten“ eine Zwischenrast einle­gen.

Die Grafik Abb. 1 zeigt, daß die im Mittel an einem Tag  in den einzelnen Wochen beobachtete Artenzahl zwei Maxima hat, nämlich ein „absolutes“ im Frühjahr (ca. 19. KW) und ein „relatives“ im Herbst (ca. 39. KW). Das sind die Zeiten, in denen der Durchzug seinen Höhe­punkt hat. Beide Maxima liegen weit hinter uns, und entsprechend verkürzt sich jetzt bei jedem Rund­gang die „Ta­gesliste“. Selbst die letzten Zugvögel sind abgezogen. Längst vorbei sind die Tage, an de­nen man Ringeltauben zu Hunderten in großer Höhe gen Westen zie­hen sieht, ebenso wie die Zeit der rie­sigen Staren­schwärme. Auch vereinzelte Feld­lerchen und Wiesenpieper sind mit den frostigen Temperaturen  aus dem Ge­lände verschwunden.

Was braucht der Ornithologe?

Vielleicht interessiert sich der eine oder der andere für das Vogelleben in seiner Umgebung. Doch was braucht man eigentlich, wenn man Vögel beobachten will?

Ich meine: ein wachsames Auge, ein gutes Gehör, eine gute Portion Skepsis, viel Geduld und Ausdauer, ein gutes Fernglas, ein gut gezeichnetes Bestimmungsbuch.

Hilfreich und unbedingt empfehlenswert sind Führungen, wie sie von den Volkshochschu­len in der Umgebung vielfach angeboten werden, und Kontakt zu einschlägigen Vereinen oder Verbänden. Zu nennen sind hier: Ornithologische Gesellschaft in Bayern e.V. sowie Landesbund für Vogelschutz mit seiner star­ken Münchner Ortsgruppe.

Die Landschaft

Eine Tierwelt ist grundsätzlich durch die Landschaft bestimmt, in der sie betrachtet werden soll. Die Landschaft bildet somit die Grundlage für eine lokale Vogelwelt. Im akuten Fall handelt es sich aus ornithologischer Sicht um die typische ausgeräumte Kulturlandschaft. Sie ist gekenn­zeichnet durch weite ebene und wenig strukturierte landwirtschaftlich genutzte Flächen mit mehr oder weni­ger ehemals kleinen, dörflichen Ansiedlungen, die nach erheblichem Zuwachs in den letzten Jahr­zehnten zu 3 Gemeinden zusammenge­faßt sind. Zahlreiche zusätzliche Gewerbegebie­te führen zu einer weiteren Zersiedelung. Das dazugehörige Straßennetz zerschneidet die Gesamt­fläche in Teilstücke. Der gesamte Entwick­lungsprozeß wird durch die Nähe zur Landeshaupt­stadt mit ihrer Sogwirkung nach Arbeitskräften aus dem Umland in hohem Maße forciert. 

Der „Speichersee“

Der „Speichersee“ Abb. 2 als überregional bedeutendes Vogel­schutzgebiet ist wohl überall bekannt. Zwei der drei Gemein­den besitzen auch einen Flächenanteil an diesem Gebiet. Die offizielle Bezeich­nung lautet „Ismaninger Teich­gebiet“. Dieses Feuchtgebiet besitzt für die Vogelwelt internationale Bedeutung und genießt als eines der wenigen bayerischen Gewässer „Ram­sar“- Schutzstatus. Es ist als Europareservat klassifiziert gemäß der EU-Vogelschutzrichtlinie. Das Gebiet wird seit 1929 von der Ornithologischen Gesellschaft wissen­schaftlich be­treut und intensiv dokumentiert. In der ornithologischen Fachlite­ratur taucht der Name entsprechend seiner überragenden Bedeutung in vielen nationalen und internationalen Zitaten auf. Man kann ihn nicht einfach beliebig verändern.

Für die Öffentlichkeit ist das Gebiet nicht zugäng­lich, doch man kann ohne weiteres auf eigene Faust vom Südufer des Ostbeckens oder auch vom Nordufer des West­beckens die zeitweise be­eindruckende Zahl von Wasservögeln, die sich hier zur Mauser versammeln, beobachten und be­stimmen. Das kann zu großartigen Erlebnissen führen.

Das Aschheimer-/Kirchheimer Moos

Un­mittelbar südlich grenzt eine Agrarlandschaft an das Ismaninger Teichgebiet. Dieses Gebiet wird intensiv landwirtschaftlich genutzt. Es wird relativ kleinflächig bestellt und ist durch Hecken­züge in (vereinfacht !) Nord-Süd-Richtung strukturiert. Es gibt nur Reste von Wiesen in den Rand­zonen und abgesehen von den Hecken bzw. Windbrechern kaum Gehölze. Zwei Stillgewässer (Kiesweiher) sowie ein kleines Naturschutzgebiet im NW auf Aschheimer Flur ergänzen das Bio­topangebot.

Dieses sog. „Moos“ (der Name hat keinen offiziellen Hintergrund) liegt in der Übergangszone der Münchner Schotterebene zu dem ursprünglich nördlich angrenzenden Niedermoorbereich. Für  die Schaffung des Speichersees Ende der zwanziger Jahre mußte der Grundwasserstrom, der ur­sprünglich etwa an dessen Südende Geländeniveau erreichte, unterbrochen werden, um das Bau­werk nicht zu unterspülen. Dies ist der Anlaß für den Bau des Abfanggrabens, der den Grundwas­serstrom unterbricht und den Ackerbau im nördlich angrenzenden Moos ermöglicht hat. Der Ab­fanggraben ist also ein künstliches Gewässer mit hoher Wasserqualität, das im Winter nie zufriert.

Der Lohwald

Der Lohwald unmittelbar südlich des Abfanggrabens ist geologisch ein Relikt aus der Ursprungs­form der Landschaft. Solche Wälder standen in den Übergangszonen von Schotterebene und Nie­dermoor. Es existieren nur noch wenige Überbleibsel. Neben dem Wäldchen nördlich von Kirch­heim gibt es  einige Fortsetzungen auf Aschheimer Flur. Ein weiter entferntes – bekanntes – Bei­spiel ist die Aubinger Lohe.

Der hier genannte Lohwald ist eher ein trauriges Beispiel. Durch Bewirtschaftung ist aus dem ehe­mals Erlen-Eschen-Auwald mit Eiche, Esche und Hainbuche als seinen Hauptbaumarten ein Puz­zle aus unterschiedlichen Ve­getationsflächen geworden. Durch die Autobahn zerschnitten, durch deren Parkplätze zusätzlich reduziert, steht ihm jetzt durch die Verlegung der B471 an die Seite der A99 eine weitere Zer­schneidung bevor. Eine solche Fragmentierung eines Biotops stellt eine entscheidende Entwer­tung dar, die schon eine wichtige Begründung verlangt.

Vogelfütterung

Sinn und Zweck

Vögel füttern ist inzwischen fast ein Volkssport. Mancher beginnt schon im Herbst damit und verstößt eigentlich gegen die klassische Lehr­meinung der Vogelkenner und Naturschutz­fachwelt, die dafür plädieren, die Fütterung erst dann zu starten, wenn Eis und Schnee den Vö­geln die Nahrungssuche in der freien Natur er­schweren oder gar unmöglich machen.

Nun ist unter den Vogel­freunden erhebliche Unruhe entstanden, weil ein namhafter deut­scher Ornithologe, gestützt auf britische Exper­tenmeinungen für die ganzjährige Fütterung plädiert. Das Für und Wider soll hier nicht disku­tiert werden. Doch was spricht dafür?

Es ist zu beobachten, daß die Vögel, die man füttern will, dann gar nicht kommen, wenn man erst bei Schneefall mit der Fütterung beginnt. Aus der Vogelsicht ist das nicht weiter schlimm, weil die Vögel damit signalisieren, daß sie gar keine Futternot haben. Doch jeder, der sich nun sorfältig an die „klassische Lehrmeinung“ gehalten hat, muß das Gefühl haben, daß ihm seine gefiederten Freunde „einen Korb geben“.

Aus eigener Erfahrung erscheint es sinnvoll, eine gewisse Vorlaufzeit einzuplanen, um die Vögel an den neuen Futterplatz zu gewöhnen. Denn wenn erst einmal richtig Frost herrscht und Schnee liegt, zählt bei den Vögeln die Erfahrung der letzten Wochen. Sie suchen dann nur die Plätze auf, wo sie wissen, daß sie gut bedient werden. Zum „Trödeln“ ist dann keine Zeit mehr.

 

Besucherspektrum

Was kommt nun an die Futterplätze? Diese Frage läßt sich nicht pauschal beantworten. Das hängt immer von dem lokalen Umfeld und seiner Umgebung ab. In einer Reihenhaussiedlung wird man eine viel geringere Artenvielfalt zu erwarten haben als in einer Parklandschaft. Heimstetten ist nicht Nymphenburg, um mal ein Beispiel zu nennen. Auch die Jahreszeit und die Strenge eines Winters spielen eine wichtige Rolle.

Bei uns in Heimstetten sind es vor allem Finken und Meisenvögel, aber auch Drosseln und Tauben, die man zu Gesicht bekommt. Im einzelnen: 

Meisen

Finkenvögel

Drosselvögel

Tauben

Sonstige

 Kohlmeise *

 Buchfink *

 Amsel *

 Türkentaube *

 Zaunkönig *

 Sperber

 Blaumeise *

 Bergfink *

 Wacholderdrossel

 

 

 Elster *

 Tannenmeise *

 Grünling *

 Rotdrossel

 

 

 Rabenkrähe

 

 Erlenzeisig *

 Rotkehlchen *

 

 

 Saatkrähe *

 

 Stieglitz *

 

 

 

 

 

 Feldsperling *

 

 

 

 

 

 (Kernbeißer) *

 

 

 

 

Der * bedeutet, daß sie auch am Futterplatz Nahrung gesucht haben

Die Zusammensetzung dieses Spektrums ändert sich durchaus von Jahr zu Jahr. In diesem Winter haben wir in unserem Garten hauptsächlich Grünlinge und Zeisige. Stark reduziert gegenüber den Vorjahren sind die Meisen, Stieglitze, Feldsperlinge, Buchfinken. Nur selten sieht man einen Bergfink oder auch (immer nur) eine Tannenmeise.

Seltenere Gäste

Es ist durchaus zu erwarten, daß auch einmal der Große Buntspecht an das Futterhaus kommt. Im Winter schweifen diese Vögel bei der Futtersuche weit umher. Grünanlagen oder Gärten mit etwas Baumbestand werden genau „unter die Lupe genommen“. Auch Nistkästen schaut sich der Buntspecht dann unter dem Aspekt ihrer Wohnqualität etwas näher an. Bei mir im Garten hat er den Eingang des Meisenkastens so erweitert, daß dieser anschließend für ihn selbst geeignet war. Es ist möglich, daß ihm diese Höhle temporär als Nebenwohnsitz gedient hat.

Einen weiteren Specht kann man seit dem Herbst immer wieder in Kirchheim hören. Es ist der Grünspecht, der mit seinem laut „wiehernden“ Lachen nach wie vor seine Anwesenheit im Ortsteil Heimstetten verkündet. Seine Rufreihe ist dabei kräftig und fällt nicht zum Ende hin -  gewisser­maßen wie „traurig verzagend“ - ab wie bei dem ihm ziemlich ähnlichen Grauspecht. Der Grün­specht ist ein ausgesprochener Spezialist für Ameisennester. Das ist auch der Grund dafür, daß man ihn meist am Boden sieht und nicht in Bäumen wie seine Brüder aus der „Holzhackergil­de“.

Clevere Artgenossen

Lange habe ich gebraucht, bis ich dahinter gekommen bin, wer so geschickt und erfinderisch ist, daß im Baum aufgehängte Meisenknödel quasi über Nacht verzehrt wurden. Meisen oder andere Kleinvögel konnten es nicht sein, denn die Knödelmasse und die Kandidatenzahl paßten einfach nicht zusammen. Als Nachtmensch verpaßte ich aber auch immer die frühen Morgenstunden, wo das Unheil offensichtlich geschah. Im Endeffekt hatte ich Glück und beobachtete eine Saatkrähe, die den langen Bindfaden mit dem Knödel hochzog und so im Gezweig verhakte, daß der Futter­spender nicht mehr frei hängen konnte. Danach hatte sie ein leichtes Spiel mit der Kugel.

Krähen sind überaus gescheite und lernfähige Vögel. Da sie auch menschliche Gewohnheiten durchschauen, verstehen sie es, geschickt irgendwelchen Nachstellungen auszuweichen. Saat­krähen ziehen im Winter übrigens zu. Sie kommen aus dem fennoskandischen Raum. Inter­essant ist, daß diese Krähenart selten bis gar nicht im Moos auftaucht. Es ist für mich stets ein Phänomen gewesen, daß ich in den langen Jahren meiner Beobachtungstätigkeit die Saatkrähen außer zur Zugzeit fast nie im Moos beobachtet habe, obwohl sie auf der Fahrt dorthin immer zu sehen gewesen waren. Lediglich in den letzten beiden Wintern gab es über einen begrenzten Zeitraum Schwärme von tausenden von Vögeln auf den Feldern. In diesem Jahr dagegen wurde nicht nur von mir ein starker Einflug im Herbst bei uns nicht registriert. Insofern überrascht auch das Fehlen der Art im Moos nicht.